In dieser Woche reihen wir eine weitere Perle nahtlos auf die Kette, die da heißt Einsteigerfreundliches Draften.
Gemäß dem Motto, wer macht, der lernt, und dem anderen vermurksten Motto, fünfzehn Bilder sagen mehr als 1.000 Worte, geht es in der heutigen Ausgabe um den ersten Booster und den Gedanken, die man sich machen kann, während man darüber sinniert, welche der 15 Karten als erste im poteniziellen Deck landen wird.
Zu diesem Zweck haben wir weder Kosten noch Mühen gescheut und sechs Core Set 2020 Booster Packs geöffnet (sieben wären selbst uns zu dekadent; es hilft, dass wir Einzelkarten auf MKM verticken</schleichwerbung>). Diese gehen wir einzeln durch, um nach einigen Vorüberlegungen die Frage aller Fragen zu beantworten: Welches Schweinderl hätten’s gern?
Optimalerweise klärten wir in der letzten Woche bereits, welche präferabel, zweifarbigen Strategien im M20 Draft Zuhause sind. Das wird uns den ein oder anderen Absatz ersparen, da wir die 2-Farben-Taktik stumpf durchziehen. Noch bevor wir die erste Karte überhaupt gesehen haben, können wir also die nächste Frage formulieren: In welches Deck passt die Karte?
Bevor nun euer Geduldsfaden reißt wie die Verbindung eures Mobilfunkanbieters, geht’s stante pede in den 1. Booster.
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Wir gleiten sanft ins Geschehen und halten den Ball entsprechend flach. Basierend auf der vielfach gepriesenen 2-Farben-Strategie scheint ohne Umschweife das [mtg_card]Risen Reef[/mtg_card] ein potenzieller Kandidat für den ersten Pick zu sein.
Klappert man die zuvor empfohlene Pick-Reihenfolge ab, finden sich weder Karten, die Kreaturen zerstören ([mtg_card]Shock[/mtg_card] nur bedingt, da man damit meist nur Zeug erwischt, was meist vernachlässigbar ist), auch keine Kreaturen mit guten Evasion-Fähigkeiten, die also dank Flying oder Menace nur schwer geblockt werden können, so dass man im Reiter „Kartenvorteil-Erzeuger“ landet. Hier ist das [mtg_card]Risen Reef[/mtg_card] der Superstar, der Held aller Helden und klarer First Pick, wie man im Fachjargon sagt. Dass er die in M20 oft vertretene Elemental-Strategie unterstützt, wie kein Zweiter, ist ein weiteres Indiz. Es ist zudem eine Uncommon, ein Kartentyp, den man statistisch seltener antreffen wird und den man bereits früher aus dem Booster picken will.
Doch wir wollen uns Fragen stellen und da die wichtigsten beiden (welche Karte, welches Deck) bereits gestellt und beantwortet wurden, kann man sich der Frage widmen, welche Karte aus dem Booster vielleicht noch im Deck landet.
Der Booster wird einem schließlich ein zweites Mal unter die Augen kommen. Es ist abwägbar, welche Karten im weiteren Verlauf von den Mitdraftern gepickt werden und kann so eine Prognose wagen. Dazu reicht es bis sieben zu zählen und gedanklich die Karten abzustreichen, die aufgrund ihrer Qualität von den anderen am Tisch gepickt werden. Dies setzt ein wenig Erfahrung voraus, aber am Anfang reicht es, die nächsten sieben „guten“ Karten zu nehmen (unabhängig von der Karte, die man selbst nahm).
Im obigen Booster wären dies vermutlich: [mtg_card]Temple of Mystery[/mtg_card] (einen Rare-Drafter gibt es immer am Tisch), [mtg_card]Overcome[/mtg_card], [mtg_card]Raise the Alarm[/mtg_card], [mtg_card]Frost Lynx[/mtg_card], [mtg_card]Winged Words[/mtg_card], [mtg_card]Shock[/mtg_card], [mtg_card]Keldon Warrior[/mtg_card]. Bleiben [mtg_card]Ferocious Pup[/mtg_card] und [mtg_card]Mammoth Spider[/mtg_card]. Zwar keine Elementals, aber da sie Kartenvorteil erzeugen, bzw. sehr gut gegen die Unmengen an Fliegern im Format einsetzbar sind, auch nicht die schlechtesten Picks. Sollte man das [mtg_card]Overcome[/mtg_card] oder gar den [mtg_card]Frost Lynx[/mtg_card] tablen (so bezeichnet man es, wenn man eine Karte aus dem Startbooster wieder vor sich sieht, da sie einmal um den Tisch/Table ging), ist Party-Alarm angesagt.
First Pick: [mtg_card]Risen Reef[/mtg_card]
Erneut grüßt das [mtg_card]Risen Reef[/mtg_card], diesmal nicht nur in Gesellschaft von [mtg_card]Lightning Stormkin[/mtg_card], einem weiteren 2-Farben-Fürsprecher, des dedizierten, rot-blauen Flieger-Decks, sondern auch von premium Removal (also Karten, die Kreaturen „zerstören“) wie [mtg_card]Pacifism[/mtg_card], [mtg_card]Agonizing Syphon[/mtg_card] und [mtg_card]Plummet[/mtg_card] (das wir nur erwähnen, um dagegen zu warnen; es gibt massig Flieger, nur will man keine Karte spielen, die eventuell kein Ziel findet, es ist also reines Sideboard-Material).
Nachdem wir es oben bereits derart gelobt haben, ist klar, dass das Reef den Stormkin übertrumpft. Wie verhält es sich mit dem Removal? [mtg_card]Pacifism[/mtg_card] hat gegenüber dem Syphon den Vorteil, dass es mit jeder Kreatur unabhängig von der Wiederstandskraft fertig wird. Klar kann es entfernt werden, aber [mtg_card]Disenchant[/mtg_card]s sind aus gutem Grund (dem Mangel an Zielen) selten in Decks und [mtg_card]Thrashing Brontodon[/mtg_card] ist eine Uncommon, sollte also ebenfalls nicht häufig angetroffen werden. Fürs Syphon spricht, dass es bei Bedarf auf Spieler angewendet werden kann, ein Umstand, der für gewöhnlich aber nicht häufig vorkommt.
Bleibt es also beim Vergleich zwischen [mtg_card]Pacifism[/mtg_card] und [mtg_card]Risen Reef[/mtg_card], was uns zur nächsten Frage bringt: Wie fest will man sich beim ersten Pick legen? Tendieren wir zum Reef, bedeutet dies, dass wir relativ sicher in Grün und Blau sind. Dies hat den Nachteil, dass für uns im weiteren Dratfverlauf plötzlich drei der fünf Farben aus den Boostern verschwinden, da sie für unser Deck wertlos wurden.
In Situationen wie im ersten Beispiel-Booster kann dies ohne Zögern gemacht werden, weil es ein Risiko ist, welches durch die Qualität der Karte im Vergleich zu den anderen Optionen im Booster relativiert wird. Hier hingegen, gibt es mit [mtg_card]Pacifism[/mtg_card] eine brauchbare Alternative, die den Vorteil hat, dass man flexibler gegenüber den kommenden Picks bleibt. Es stehen neben Weiß noch alle Farben auf dem Menü.
Das Reef wird dennoch der bessere Pick sein, einfach weil es in Kombination mit anderen noch zu pickenden Karten die nettere Figur macht und im Endeffekt ein hoffentlich synergisches Deck gedraftet wird.
First Pick: [mtg_card]Risen Reef[/mtg_card] oder [mtg_card]Pacifism[/mtg_card]
Endlich mal eine Mythic Rare, der [mtg_card]Cavalier of Flame[/mtg_card], eine nette Kreatur mit einem netten Effekt, das sollte ein kurzer Abschnitt werden.
Eigentlich ja. Mit [mtg_card]Reduce to Ashes[/mtg_card] ist zwar die perfekte Antwort gleich mit im Booster, aber nur weil der Cavalier fünf Mana kostet, muss man ihn ja nicht direkt im 5ten Zug auspielen. Wenn man sieben Mana auf dem Tisch und vielleicht ein, zwei Länder noch auf der Hand gesammelt hat, ist er gleich um einiges effektiver. Plötzlich wird es zum 7/5 Haste-Elementar, das zwei Karten zieht, wenn es ins Spiel kommt, und mindestens zwei Schaden macht, wenn es das Spiel wieder verlässt.
Doch selbst hier kann man ins Grübeln kommen. Die Frage nämlich, welche Karte der Nebenmann aus dem Booster picken wird, nachdem wir uns den Cavalier gönnten, hat zwar für den ersten Booster (weil wir die Fütternden sind) keinerlei Relevanz, wird aber im zweiten Booster zum Alpha und Omega. Im zweiten Booster bekommt man von dem Spieler zur Linken nämlich die Karten gereicht und die Entscheidungen, die er im ersten Booster traf, fallen auf uns zurück. Das lässt sich nur bedingt beeinflussen, aber die sogenannten Signale, die man weitergibt (so wie die, die man von seinem Vordermann zur Rechten im ersten Booster erhält, die für den dritten Booster wieder relevant werden), können und sollten gedeutet werden. Wir veranschaulichen das näher im nächsten Booster.
First Pick: [mtg_card]Cavalier of Flame[/mtg_card]
Um nun zu vermeiden, dass einer der beiden Nebendrafter (zur Wiederholung: der Rechte beeinflusst Booster 1 und 3, der Linke das zweite Pack) in denselben Farben wie man selbst landet (weil sich dadurch die eigene Kartenqualität verbessert), kann man entweder versuchen, sie mit entsprechenden „Geschenken“ in eine Richtung zu lenken oder durch gezielte „Entnahmen“ davon abhalten dieselbe Ausfahrt zu nehmen.
Die Auswirkung der Entnahmen lassen sich dabei nicht alleine durch den ersten Pick bewerkstelligen. Diese kristallisieren sich erst im Verlaufe des Drafts heraus und sind ohne die Mithilfe (entweder aktiv, weil sie auf Signale achten, oder passiv, einfach weil sie stur zwei Farben draften, was man einfach mitbekommt) der Nebendrafter kaum zu realisieren. Deswegen konzentrieren wir uns auf die Geschenke.
Nehmen wir im Booster hier statt einer der drei schwarzen Karten (über die man sich als Schwarz-Spieler immer freuen wird) das [mtg_card]Rabid Bite[/mtg_card], um wie beim [mtg_card]Pacifism[/mtg_card] oben flexibler zu bleiben ohne zu sehr an Qualität einzubüßen, signalisieren wir dem Spieler, der die Karten als nächstes erhält, dass wir unter anderem auf eine schwarze, spielbare Rare verzichtet haben und stattdessen eine unbekannte Common oder eine Foilkarte mit unbestimmter Seltenheit pickten. Es könnte eine schwarze Common sein, [mtg_card]Murder[/mtg_card] offensichtlichstes Beispiel, was aber unwahrscheinlich ist, da wir ja diese Blog-Reihe lasen. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir Schwarz also nicht angefasst haben, ist hoch, so dass sich unser Nebenmann dafür entscheiden könnte. Er wüsste nun relativ sicher, dass er von uns problemfrei weitere schwarze Karten erhält und wir haben den Vorteil, dass wir im zweiten Booster aus seiner Richtung zwar keine schwarzen Karten, aber freizügig Geschenke von mindestens drei anderen Farben erhalten. Ein Konflikt wurde vermieden und alle sind glücklich.
Selbst wenn der andere keinen Plan von Signalen hat, dürfte die schwarze Rare der sprichwörtliche Wink mit dem Zaunpfahl sein. Es ist also zum einen abzuwägen, wie gut der Spieler ist, zum anderen aber auch, ob es sich für einen selbst lohnt. Wäre anstatt des [mtg_card]Embodiment of Agonies[/mtg_card] zum Beispiel der [mtg_card]Cavalier of Night[/mtg_card] im Pack, sähe die Sache anders aus. Man opfert (pun intended) zu viel Qualität, um den Spieler zu beeinflussen.
Das Thema „Signale“ ist ein komplexes, zu dem man Traktate von Freud’scher, Kant’scher und zum Teil Kafkaesquer Quali- wie Quantität verfassen könnte, was wir weder wollen noch beabsichtigen. Wir belassen es also vorerst bei diesen Absätzen, werden es aber gelegentlich aufgreifen. Bis dahin zwei Gedankenexperimente, die man selbst durchkauen kann:
- Statt des [mtg_card]Rabid Bite[/mtg_card]s ist ein [mtg_card]Murder[/mtg_card] im Pack. Lohnt es sich dieselbe Strategie zBsp mit dem [mtg_card]Shock[/mtg_card] zu fahren? Wie sieht es mit einem [mtg_card]Pacifism[/mtg_card] aus? Gibt es weitere nicht-Schwarze Commons oder Uncommons, die zu der Strategie einladen?
- Wir haben das [mtg_card]Rabid Bite[/mtg_card] gepickt, erhalten in den nächsten 14 Karten von rechts nun keine brauchbare grüne Karte dafür aber ein [mtg_card]Embodiment of Agonies[/mtg_card], einen [mtg_card]Vampire of the Dire Moon[/mtg_card] und ein [mtg_card]Murder[/mtg_card]. Was nun tun?
Finale Floskeln
Nachdem der Grundstein nun wortwörtlich gelegt ist, der erste Pick wurde gleich viermal gemacht, seid ihr an der Reihe. Bis es nächste Woche mit einem kompletten Draft weitergeht – so die Technik will – könnt ihr euch an den beiden folgenden Boostern selbst versuchen. Wir haben zuunterst eine passende Kommentarfunktion. Wer es uns also gleichtun möchte, kann seine Ideen zu den Boostern öffentlich unter dem Text hier preisgeben.